Die Geschichte der Orgeln an St. Lambertus Erkelenz

Die Geschichte der Orgeln der Pfarrkirche St. Lambertus Erkelenz reicht bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurück. Nachdem die mehr als 270 Jahre alte Orgel - es dürfte die dritte oder vierte Orgel der Pfarrkirche gewesen sein - von Johann Schade aus Aachen 1904 ihren Dienst aufgegeben hatte, baute 1907 die renommierte Bonner Orgelbaufirma Klais eine mit pneumatischer Traktur versehene neue große Orgel mit 44 Registern, verteilt auf drei Manuale und Pedal. Dieses nun mit allen damaligen Raffinessen einer romantischen Orgel ausgestattete Werk wurde leider im 2. Weltkrieg vollständig zerstört. Nach dem Krieg diente in der Notkirche und später in der Krypta ein Harmonium als Ersatz. 1949 schließlich baute die Orgelbauanstalt Romanus Seifert (Kevelaer) eine „Interimsorgel“ mit elektrischer Traktur, die in der Apsis der Krypta aufgestellt wurde. Als die Bauarbeiten am Hochchor der neuen Pfarrkirche beendet wurden, fand die Orgel im linken Querschiff des Hochchores ihren Platz, zunächst auf einer Empore und nach deren Abriss an gleicher Stelle zu ebener Erde. Bereits 1961 beschäftigte man sich mit dem Bau einer neuen raumfüllenden Orgel, die auf einer Westempore vor dem Turmbogen errichtet werden sollte. Leider führten die Überlegungen zum damaligen Zeitpunkt noch zu keinem Ergebnis, so dass man sich erst ab 1974 wieder näher mit dem Neubau einer Orgel beschäftigte. 1978 schließlich wurde die dem großen Kirchenraum nie gerecht gewordene „Interimsorgel“ wegen des Neubaus der Oberlinger-Orgel verkauft. Nach mehreren Jahren intensiver Planung und der versuchten Klärung der bis heute sehr umstrittenen Standortfrage wurde dann im Jahre 1979 die große Oberlinger-Orgel auf der Grenze zwischen Altarraum und linkem Querschiff eingeweiht. Dieses Instrument mit mechanischen Schleifladen stellte mit seinen 53 Registern, verteilt auf drei Manuale und Pedal, die größte Orgel der Region dar. 1984 wurde zunächst für die Krypta ein Orgelpositiv mit 4½ Registern, ebenfalls von den Gebrüdern Oberlinger (Windesheim), angeschafft, das nun im Hochchor der Kirche Platz gefunden hat und dort als Continuo-Instrument zur Verfügung steht. Anlässlich der großen Kirchensanierung (1992-1999) erwarb die Pfarre St. Lambertus 1997 eine gebrauchte einmanualige Seifert-Orgel (Baujahr 1963) mit sechs Registern aus Niederelvenich.

Diese Kleinorgel, die inzwischen in der Krypta steht, ersetzte während der Bauphase die große Oberlinger-Orgel, denn es erfolgte in diesem Rahmen auch eine Überarbeitung der Orgel, die die Reinigung und eine Neuintonation der Pfeifen mit Erhöhung des Winddrucks sowie den Einbau einer neuen großen Setzeranlage beinhaltete. Leider brachten diese Maßnahmen nicht die erwünschte Verbesserung der Orgel mit sich, sondern im Gegenteil stark beschädigte Pfeifen, Verstimmungen sowie Tonhänger und -heuler. Deshalb mussten sich ab 2008 die Verantwortlichen der Kirchengemeinde zusammen mit Fachleuten erneut über die schwierige Orgelsituation in St. Lambertus Gedanken machen. Im Jahr 2011 fiel dann die Entscheidung für den Verkauf der stark sanierungsbedürftigen großen Oberlinger-Orgel nach La-Roche-en-Ardennes (Belgien), die Übernahme der historischen Klais-Orgel aus St. Martinus Borschemich als Chororgel für den Hochchor und den Neubau einer großen Hauptorgel am idealen Platz auf einer Empore vor dem Turmbogen. Im September 2011 beschließen die Gremien, den Auftrag des Neubaus der Hauptorgel an Orgelbaumeister Martin Scholz aus Mönchengladbach zu vergeben, wenn 80 % der Gesamtsumme von ca. 1,5 Mio. Euro erwirtschaftet sind.

Bedingt durch den Tagebau und die Umsiedlung des Ortes Borschemich wurde eine Lösung gefunden, die wertvolle Klais-Orgel aus St. Martinus durch ihre Aufstellung als Chororgel in der Pfarrkirche St. Lambertus Erkelenz als Klangdenkmal zu erhalten. Sie wurde daher im März 2013 durch die Orgelbaufirma Martin Scholz aus Mönchengladbach ausgebaut, umfassend restauriert und ergänzt. Ihre 16 Register verteilen sich auf zwei Manuale und Pedal. Sie besitzt Kegelladen und die Spiel- und Registertraktur ist pneumatisch. Diese Orgel ist ein typisches Instrument ihrer Zeit und entspricht sowohl optisch als auch klanglich dem romantischen Ideal.

Im September 2014 wurde die Klais-Orgel aus dem Jahr 1911 im Rahmen einer Festwoche in St. Lambertus Erkelenz eingeweiht. An ihrem neuen Platz im linken Seitenschiff des Hochchores wird sie nun dauerhaft ihre Funktionen als Chororgel, für die sie sich durch ihre romantische Disposition besonders gut eignet, als Begleitinstrument von Sängern und Instrumentalisten und als Konzertorgel übernehmen. Ebenso dient sie als Interimsinstrument, bis die neue große Hauptorgel ihren Platz im hinteren Teil der Kirche finden wird.